Vor schon fünf Jahren waren Rudolf (!) Augstein und der SPIEGEL Thema eines Gastbeitrags bei Lizas Welt, der in die heutige Pro-(Jakob) Augstein-Hysterie voll und ganz hinein passt:
Als Rudolf Augstein vor etwas mehr als vier Jahren starb, brach auch bei seinem wöchentlich erscheinenden „Sturmgeschütz der Demokratie“ ein neues Zeitalter an. Denn der Träger des Eisernen Kreuzes 2. Klasse war nicht nur dessen Gründer und Herausgeber, sondern weit mehr; ein Spiegel ohne ihn schien kaum denkbar. Doch erstens gibt es das Blatt immer noch, und zweitens müsste sein Erfinder sich angesichts des weiteren Werdegangs gewiss nicht im Grabe umdrehen. Denn die Zeitschrift wird in seinem Geiste weitergeführt, und dazu gehören neben dem obligatorischen Antiamerikanismus regelmäßige publizistische Attacken gegen Israel und damit verbunden immer wieder Beiträge, aus denen der Antisemitismus förmlich herausquillt, wie unlängst die Titelstory der Weihnachtsausgabe zeigte. Augstein hätte seine helle Freude gehabt an den judenfeindlichen Tiraden seiner Nachfolger, denn schon ihm war Israel „ein künstlicher, von religiösen Fundamentalisten regierter ‚Gottesstaat’, der extrem aggressiv auftritt, immer wieder mal auf Eroberungszüge geht, wenn ihm danach ist, der rassistisch Minderheiten unterdrückt, im Kern aber verfault, mit der Erbsünde des wider Erwarten gewonnenen Unabhängigkeitskrieges belastet und früher oder später dem Untergang geweiht ist; der durch seine unheilvolle Lobby den amerikanischen Präsidenten nach seiner Pfeife tanzen lässt, aus dem Holocaust das Recht ableitet, brutale Gewalt anzuwenden und Deutschland um Milliarden zu erleichtern – und der letztlich selbstredend auch die größte Gefahr für den Weltfrieden darstellt“, fasst Claudio Casula in seinem Gastbeitrag für Lizas Welt zusammen.
Rudolf Augstein hatte in den Anfangsjahren des Spiegel zwei bewährten NS-Propagandisten Posten als Ressortleiter verschafft: dem Gestapo-Chef Rudolf Diels und einem engen Mitarbeiter des Leiters der Kriminalpolizei im Dritten Reich, Bernhard Wehner. Letzterer hatte sogar noch die Ehre, nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 dem halbwegs Unversehrten zu Hilfe eilen und ihm ein „Doch, mein Führer, es ist ein Wunder“ entbieten zu dürfen, als dieser ihn fragte: „Was sagen Sie zu dem Wunder, dass mir nichts passiert ist? Ist es nicht ein Wunder?“ Diels wiederum war unter anderem für eine Massenverhaftungswelle in der Nacht des Reichstagsbrands verantwortlich, die Kommunisten und Sozialdemokraten traf und der auch Schriftsteller wie Egon Erwin Kisch, Erich Mühsam und Carl von Ossietzky zum Opfer fielen. Die beiden Altnazis prägten mit ihren Beiträgen die Linie des Spiegels nicht unwesentlich, und Weltkriegsleutnant Augstein hatte sein Auskommen mit ihnen. Heute sind solche alten Kämpfer erstens biologisch reduziert worden und zweitens schlicht kontraproduktiv, denn eine „Israel-Kritik“ auf der Höhe der Zeit gibt sich nassforsch-unbekümmert und mondän; da stören die Ewiggestrigen – deren Taten man inzwischen geißelt, um das größte Mahnmal der Welt bauen und moralischen Mehrwert einstreichen zu können – mehr, als dass sie nutzen würden. Warum sie sich leider trotzdem zufrieden zurücklehnen können und was über Augsteins Erbe sonst noch zu sagen ist, verrät der folgende Beitrag.
CLAUDIO CASULA