Claudio Casula, Spirit of Entebbe, 10. Januar 2013
Heute weiß Spiegel online von einer Explosion in Tel Aviv zu berichten, die offenbar einen kriminellen Hintergrund hatte. Und stellt bei dieser Gelegenheit – aus Schlampigkeit (eher weniger wahrscheinlich) oder Vorsatz (erfahrungsgemäß der Fall) – unter Beweis, nicht up to date zu sein:
Das Fahrzeug ist der Polizei zufolge in der Nähe eines Busses detoniert. An einem nicht weit entfernten Ort hatten Ende November mutmaßlich palästinensische Extremisten einen Bombenanschlag auf einen Bus verübt, bei dem etwa 20 Menschen verletzt worden waren.
Dem sachkundigeren Beobachter fällt auf, dass hier mit dem Adjektiv mutmaßlich der Eindruck erweckt wird, als bestünden an der Herkunft des Täters irgendwelche Zweifel. Dem ist aber mitnichten so. Der Attentäter wurde bereits kurz nach dem Terroranschlag ermittelt; er heißt Muhammad Mafarji, ist Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft (die er im Rahmen einer Familienzusammenführung erhielt) und gehört einer islamistischen Terrorzelle an, die wiederum mit der Hamas und dem Islamischen Dschihad zu tun hat. Nach der Deponierung des Sprengsatzes in einem Dan-Bus der Linie 142, dessen Explosion per Fernzündung übrigens nicht „etwa 20“ sondern 28 Menschen verletzte, drei davon schwer, fuhr Mafarji seelenruhig nach Modi´in zurück, um seine Nachmittagsschicht in der McDonald´s-Filiale anzutreten, in der er zu arbeiten pflegt. Ist in israelischen Zeitungen (und auch in der englischsprachigen Wikipedia) schon lange nachzulesen, wenn man Recherche nicht für ein französisches Schimpfwort hält. Es sei denn, man lässt es bei den Agenturen kgp/dpa/AFP lieber bleiben, damit die Herkunft des anonymen Terroristen und seiner Hintermänner (im Agentursprech: „Extremisten“) unklar erscheint; da ist ein eingeschobenes mutmaßlich ungemein hilfreich. Mutmaßlich ist der Papst katholisch. Aber sicher ist das nicht.